Es klang ein bisschen wie eine Soap Opera, wenn man sich die Sorgen der Landwirte in den vergangenen Monaten anhörte: Die Erntehelfer können nicht einreisen… Die Erntehelfer in Österreich sind nicht qualifiziert genug… Auf der Plattform für Erntehelfer haben sich keine Personen, die für die Ernte in Frage kommen, gemeldet… Wir brauchen noch mehr Erntehelfer aus der Ukraine.
Selbst als Spargelfan und Vegetarierin konnte ich für die Bauernvertreter in den Medien keine Empathie mehr aufbringen. Und noch weniger, als billigeres Personal (aber auch qualifizierter als Österreicher?) aus der Ukraine eingeflogen wurde, um die Ernte rechtzeitig zu erledigen.
Die Tatsache, dass selbst bei einer Rekordarbeitslosigkeit in Österreich Personalmangel bei der Ernte herrscht, zeigt, dass es sich hier um ein langfristiges Problem handelt und nicht um eines der Coronakrise. Und als die Bauernvertreter schon Worst-Case-Szenarien von steigenden Preisen und leeren Gemüseregalen skizzierten, fragte ich mich:
Warum ist Ernte noch eine manuelle Arbeit und wann wird sie automatisiert?
Diese Frage habe ich David Saad, Geschäftsführer des Agro Innovation Lab der RWA gefragt. Dieses Lab vernetzt Landwirte mit Startups und Unternehmen, die an neuen Technologien arbeiten. Im Zuge einer Robotics Challenge fand das Agro Innovation Lab 2019 ein Startup, das einen Roboter für die Spargelernte entwickelt hat: Cerescon aus den Niederlanden mit dem Roboter Sparta (siehe Bild).
„Mit diesem haben wir uns weiter beschäftigt und Sparta ist nun nahe am Markteintritt”, sagt Saad im Gespräch mit Smart Casual. Die Maschine erkennt beim Abfahren der Spargeldämme, wo sich Spargel befinden, ob diese reif sind, und erntet sie dann auch. Während in den Niederlanden Sparta als dreireihige Maschine entwickelt wird, arbeitet der Hersteller in Österreich an einer einreihigen Version, die laut Saad leistbarer sein wird. Gemeinsam mit der RWA verfolgt das Innovation Lab die Entwicklung und Markteinführung von Cerescon.
Wann in Österreich Ernteroboter wie der Spargelernter einsatzbereit sein werden, hängt von mehreren Komponenten ab. „Aus technischer Sicht könnte Sparta wahrscheinlich nächstes Jahr bereit sein”, schätzt Saad vom Agro Innovation Lab. Dann seien aber noch die Kostenfrage und juristische Bestimmungen zu klären. „Es ist in Österreich nicht verboten, Roboter am Feld einzusetzen, solange sie nicht selbstfahrend sind.“ Allerdings seien die Maschinen noch nicht versicherbar, da die Haftungsfrage noch nicht geklärt ist. Also: Wer trägt bei einem Unfall die Verantwortung – der Hersteller oder der Landwirt?
Bei der Finanzierung hofft Saad, dass sich die Anbieter gute Geschäftsmodelle überlegen. Denkbar sei unter anderem, dass die RWA über ein Genossenschaftsmodell die Geräte an die Landwirte vermietet.
David Saad rechnet angesichts der offenen Fragen damit, dass der erste Ernteroboter in den nächsten fünf Jahren in Österreich im Einsatz ist. Der Personalmangel wird jedenfalls ein großer Treiber bei der Automatisierung der Ernte sein, hat das Agro Innovation Lab schon vergangenes Jahr in seinem Robotics Report festgehalten.
Cerescon – das niederländische Startup, das den Ernteroboter für die RWA entwickelt – hat übrigens vor einigen Tagen eine Finanzierung in Höhe von drei Millionen Euro für den Sparter erhalten.
Hier seht ihr die Maschine im Einsatz:
TV-Tipp:
Wer eine Geschäftsidee sucht: Wie wäre es mit Sneaker-Reselling? Eine neue Doku dazu:
Noch-nicht-automatisierte Grüße,
Lisa
Empfehle hierzu den ORF "Am Schauplatz" zum Thema "Keine Ernte ohne Erntehelfer", wo man sieht warum österreichische Arbeitslose nicht geeignet sind/sein wollen: https://www.youtube.com/watch?v=k-8fOTfmvio