Warum deutsche Unternehmen lieber an die US-Börsen gehen
Über den erfolgreichen Curevac-Börsengang, elf Milliarden Euro Budgetdefizit in Österreich, Wirtschaftseinbruch in Japan.
New York statt Frankfurt
Das deutsche Biotech-Unternehmen Curevac verzeichnete bei seinem Börsendebüt am Freitag einen Kursgewinn von 250 Prozent, der Bruttoerlös liegt bei 213 Millionen US-Dollar. Wie berichtet will Curevac mit einem großen Teil des Geldes einen Covid-19-Impfstoff entwickeln.
Dass das Unternehmen aus Tübingen nicht die Deutsche Börse als Handelsplatz gewählt hat, sorgt in Deutschland für Kritik – allerdings nicht am Unternehmen, sondern am Standort. Auch Mitbewerber Biontech entschied sich bei seinem Börsengang im vergangenen Herbst für die NASDAQ. “Die erneute Wahl der Nasdaq durch ein junges deutsches Unternehmen legt die mangelnde Attraktivität von Börsengängen in Deutschland schonungslos offen. Das muss sich dringend ändern”, sagte Christine Bortenlänger vom Deutschen Aktieninstitut gegenüber der FAZ.
Curevac-CEO Franz-Werner Haas begründet seine Entscheidung für die NASDAQ im Handelsblatt-Interview so:
“Wir haben die verschiedenen Optionen für uns sorgfältig geprüft. Die Entscheidung für die Nasdaq hat stark damit zu tun, dass wir in den USA viele Analysten finden, die sich mit mRNA-Technologie auskennen und damit auch unsere künftigen Produktentwicklungen validieren könnten.”
Und Handelsblatt-Redakteur Siegfried Hofmann legt in seinem Kommentar nach:
Ohne den Rückhalt einzelner Geldgeber wie der Brüder Strüngmann und SAP-Gründer Hopp hätten weder Biontech noch Curevac das Potenzial aufbauen können, für das sie heute in New York gefeiert werden. Um ihre ambitionierten Forschungsvorhaben und Produktionspläne weiter voranzutreiben und finanziell abzusichern, blieb ihnen kaum eine andere Wahl, als den Weg an den US-Kapitalmarkt zu suchen. Insofern ist der fulminante Börsenstart von Curevac nicht nur ein Ritterschlag für das Unternehmen und die deutsche Biotechbranche. Es ist auch eine Art Weckruf für Politik und Finanzmarktakteure.
Und weiters
Deutschlands Bundesfinanzminister Scholz will das Kurzarbeitsmodell auf 24 Monate ausweiten. (Süddeutsche)
Indes bringt die IG-Metall die Vier-Tage-Woche ins Spiel, um Arbeitsplätze zu retten. (Süddeutsche)
Österreich hat im ersten Halbjahr 43 Milliarden Euro ausgegeben und 32 Milliarden Euro eingenommen, das Budgetdefizit des Staates liegt demnach laut Finanzministerium bei knapp elf Milliarden Euro. (Ö1)
Das deutsche Bundeskartellamt geht dem Vorwurf nach, dass Amazon während der Corona-Krise Händler wegen überhöhter Preise gesperrt haben soll. (Zeit)
Impossible Foods, Hersteller pflanzenbasierter Fleischalternativen aus dem Silicon Valley, holt sich ein weiteres Investment in Höhe von 200 Millionen US-Dollar bei einer Bewertung von vier Millarden Dollar. (Axios)
Japans Wirtschaftsleistung sank im zweiten Quartal um 7,8 Prozent. Damit wurde Japan weniger stark von der Krise getroffen als andere Nationen, es ist aber der größte Absturz seit 1980. (NYT)
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Podcast-Tipp:
Warum der Dollar gegenüber dem Euro in den vergangenen Monaten so stark gesunken ist und was der schwache Dollar für Anleger bedeutet, wird im aktuellen Perspektiven To Go Podcast erklärt.
Schönen Wochenstart!
Lisa